Die industrialisierte Fleischproduktion bringt erhöhte Umweltbelastung und Gefahren mit sich.
Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die „Grüne Revolution“ propagiert, eine hochtechnisierte hochproduktive Landwirtschaft.
Diese sollte zu einer dramatischen Verbesserung der Nahrungsmittelproduktion führen und die Ernährung der ganzen Welt dauerhaft sicherstellen. Das gelang.
Die industrialisierte Landwirtschaft ist zweifelsfrei hoch produktiv, um den Preis einer Vielzahl von ungelösten Umwelt-, Gesundheits-, Sozial- und Wirtschaftsproblemen.
Dazu zählen weit verbreitete Wasserverschmutzung, Trinkwassermangel, toxische Luftverschmutzung, gesundheitliche Schädigung der Landarbeiter, eine globale Bestäuberkrise (Bienensterben) und erheblicher Artenverlust.
Die „Grüne Revolution“ – erkauft durch erhöhte Umweltbelastung
Der Schwerpunkt der „Grünen Revolution“ lag auf der Maximierung der Ernteerträge für eine wachsende Weltbevölkerung zum Preis erhöhter Umweltbelastung.
Die menschliche Arbeitskraft wurde durch einen hohen Einsatz synthetischer Düngemittel, Wasser, Pestizide, Fungizide und Herbizide ergänzt, sozusagen die Effektivität erhöht.
Eine der folgenschwersten Veränderungen der Grünen Revolution war und ist die Trennung von Tier und Pflanze auf dem Bauernhof.
In den USA zum Beispiel traten an die Stelle vieler kleiner Bauernhöfe mit einer Vielzahl unterschiedlicher Kulturpflanzen- und Tierarten einige wenige hochmechanisierte Großbetriebe.
Diese verrichten die Arbeiten vorwiegend mit dieselbetriebenen Maschinen, pflanzen Monokulturen, die einen gesteigerten Einsatz von Pestiziden voraussetzen. Einige dieser Pestizide verbleiben über Jahre in der Umwelt.
Industrielle Fleischproduktion – erhöht den Einsatz von Pestiziden
In der Vergangenheit verwerteten die Landwirte tierische Abfälle zur Düngung, was zwar den Einsatz künstlicher Dünger reduzierte, jedoch nicht immer unproblematisch ist.
Die Gefahr pathogener Keime im Nahrungsmittelkreislauf muss verhindert werden, um den Ausbruch von Seuchen/Erkrankungen zu vermeiden.
Die industrielle Fleischproduktion andererseits führt durch den Einsatz von Kraftfutter zur Produktion riesiger Mengen an tierischen Abfällen, die nicht zur Bodenanreicherung genutzt werden können und sollen, aber zur Umweltbelastung beitragen.
In industriellen Agraranlagen sind Tiere von der landwirtschaftlichen Futtermittelversorgung und Abfallentsorgung getrennt. Futter, Energie und andere Rohstoffe werden aus externen Quellen angeliefert.
Künstliche Dünger, Pestizide, Fungizide und Herbizide verlieren durch Anpassung der Schädlinge im Laufe der Zeit an Wirksamkeit und müssen entweder in der Dosis gesteigert oder neue (oft noch giftigere) entwickelt werden. Das hat höchst problematische Folgen für Umwelt und menschliche Gesundheit.
Fleischproduktion und Umweltbelastung durch Pestizide
Der große Anstieg ausgebrachter Pestizide in der Agrarindustrie beruht auch auf der weltweit steigenden Nachfrage nach Fleisch.
Bezeichnung | Pestizide in Millionen Tonnen | Jährliche Pestizidmenge je Einwohner (gerundet) |
Europa EU 28 | 448 | 1 |
USA | 382 | 1 |
China | 1.704 | 1 |
Brasilien | 210 | 2 |
Argentinien | 44 | 4 |
Die Zunahme des Pestizidverbrauches in Argentinien und Brasilien verursacht der Einsatz gentechnisch modifizierten Sojaanbaus. Die Gen-Soja verträgt Glyphosphat. Daher wird das Gift auch während der Wachstumsphasen gespritzt.
Im Lauf der Zeit wird Begleitvegetation („Unkraut“) resistent gegen Glyphosphat, weswegen die Menge der Herbizide ständig gesteigert werden muss.
Vom wachsenden Bedarf an Pestiziden profitieren die großen Hersteller Syngeta (Schweiz), Bayer und BASF (Deutschland), Corteva und FMS (USA). Die genannten Firmen kontrollieren drei Viertel des weltweiten Pestizidmarktes.
Umweltauswirkung der Pestizide
Die Verbreitung von Pestizidrückständen in der Umwelt und Massentötungen nichtmenschlicher Biota – Bienen, Vögel, Amphibien, Fischen und Kleinsäugern – sind Realität.
Weltweit kommen 100.000 verschiedene Chemikalien zum Einsatz. In den letzten Jahrzehnten breiteten sich agrochemische Rückstände in der Umwelt aus, führten zu erheblichen Kontaminationen der Ökosysteme am Land und in Gewässern.
Alleine in den USA sind etwa 70.000 verschiedene Chemikalien im regulären Einsatz. Jede Stunde werden 70 neue erfunden. Jährlich lässt die USA 1.000 neue Chemikalien für den Handel zu.
450.000 Millionen kg an Pestiziden, Herbiziden und Fungiziden werden jährlich in den USA in die Umwelt gesprüht oder gestreut. 10% davon gelten als krebserregend.
Pestizide und synthetische Chemikalien können beim Menschen Krebs, endokrine und andere Störungen auslösen. Das in der Landwirtschaft am häufigsten eingesetzte Unkrautvernichtungsmittel Glyphosphat gilt als krebserregend.
Im November 2017 ließ die EU das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosphat für weitere fünf Jahre zu. Diese Zulassung ist heftig umstritten. In Österreich wurde Glyphosphat 2019 verboten. Die EU verzichtete auf einen rechtlich relevanten Einspruch.
Global setzen Landwirte pro Hektar circa 1kg Glyphosphat ein. Herbizide auf der Basis von Glyphosphat sind Breitband-Pestizide, die mit einer Reihe von Zusatzstoffen versetzt sind.
Kunstzitat
Jasmin Hermann – “Synthese von Mensch und Tier”
Fleischproduktion und Umweltbelastung durch Antibiotika
Die Umweltbelastung durch Antibiotika führt zur Resistenz der Bakterien gegen diese – im Erkrankungsfall fehlen wirksame Medikamente (Krankenhauskeime im allgemeinen Sprachgebrauch).
Drei Viertel der weltweit verkauften Antibiotika werden für Tiere genutzt und nicht für kranke Menschen.
Bakterien passen sich fortlaufend an, indem sie ihre Gensequenzen ändern. Besonders problematisch ist dies bei Zoonosen – Erregern die Tier und Mensch befallen. Diese im Tierreich erworbene Resistenzen bedeutet auch Resistenz beim Menschen – seit der Jahrtausendwende nehmen diese deutlich zu.
Antibiotika werden zur Kostensenkung in der Tierproduktion eingesetzt. Sie verhindern Erkrankungen der Tiere, ausgelöst durch Missstände bei Tierhygiene, Haltungsproblemen und Betreuung des Viehs.
Sie sollen sich lieber an den gesunden Kohl und an Getreidebrei halten als an Rind und Schwein
Plinius der Ältere
Fleischproduktion und Pandemien
Geschätzt sind 60 Prozent aller beim Menschen auftretenden Infektionskrankheiten Zoonosen, also Krankheiten, die von Tieren auf den Menschen übertragen wurden.
Neben Bakterien als Krankheitserreger sind in den letzten Jahrzehnten neue Viruserkrankungen aufgetreten wie: Vogelgrippe, SARS, West-Nil-Virus, BSE Rinderwahn und aktuell COVID-19. Viruserkrankungen sprechen im Gegensatz zu Bakterien nicht auf Antibiotika an.
Die wachsenden Agrarflächen zerstören und engen die Lebensräume der Wildtiere immer mehr ein. Die Tiere rücken näher an die menschlichen Wohngebiete heran. Die Gefahr sich bei infizierten Tieren anzustecken steigt.
Reduktion der Lebensräume der Wildtiere, Anstieg der Zahl an Nutztieren und der Größe an Anbauflächen für Futtermittel machen die Übertragung von Infektionskrankheiten auf den Menschen wahrscheinlicher.
Die weltweite Fleischproduktion umfasst 1,5 Milliarden Rinder, eine Milliarde Schweine, 23 Milliarden Geflügel und 2 Milliarden Schafe und Ziegen. Sie übersteigen damit die Anzahl der Menschen.
Warnung der WHO vor Pandemien
Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnt seit Jahren vor Pandemien durch industrielle Tierhaltung, insbesondere der von Geflügel und Schweinen.
Die Covid-19 Pandemie macht deutlich – zur Verringerung des Risikos künftiger Pandemien muss die Biodiversität des Planeten Erde geschützt bzw. wieder restauriert werden.
Da Weideland, Wälder und Kulturland zusammen ~80% der genutzten Landfläche einnehmen, ist das Potenzial für den Schutz der Arten enorm. Eine produktive Agrarwirtschaft muss die Ökosystemleistungen wie Bestäubung, Schädlingsbekämpfung und Nährstoffkreisläufe erhalten und unterstützen.
Die industrielle Tierhaltung muss umgebaut werden und umweltverträglichen Bewirtschaftungsmethoden weichen.
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Teil 1: Fleischkonsum – Beitrag zu Treibhausgasen
Teil 3: Fleischkonsum – Gesellschaft, Politik und Umweltschutz