Seuchen und Klimaveränderungen früher und heute – 3 wichtige Unterschiede

SARS Corona Virus - 2

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Seuchen und Klimaveränderungen der Vergangenheit

Seuchen und Klimaveränderungen gab es immer schon. Das ist wahr. Die Menschheitsgeschichte verbindet diese oft mit dem Niedergang von Hochkulturen. Klimaveränderungen verursachte damals nicht der Mensch, sondern ausschließlich Naturgewalten. Ein heftiger Vulkanausbruch beispielsweise reduziert wegen der emittierten Aerosole das einfallende Sonnenlicht, weswegen die mittlere Erdtemperatur über Jahre bzw. Jahrzehnte sinkt. Folgen sind Ernteausfälle, Hungersnöte, Unruhen und kriegerische Auseinandersetzungen bis hin zum Zerfall von Großreichen. Seuchen wie die Beulenpest suchten große Teile Europas heim und töteten Millionen. Entlang der Handelsrouten erreichten sie dicht bevölkerte Regionen und verursachten Erkrankungen und Tod zahlreicher Bewohner. Auch wenn, wie im Mittelalter zur Bekämpfung der Seuche Erkrankte abgesondert – weiße Kreuze an Pesthäusern – oder in Quarantäne verbannt wurden, war der genaue Zusammenhang, der Infektionsweg nicht bekannt. Bevölkerung und Regierende standen den Seuchen weitgehend hilflos ausgeliefert gegenüber.

Welche 3 Unterschiede müssen Sie kennen?

Heute sind die Ursachen von Infektionskrankheiten bekannt und werden, trotz globaler Ausbreitung, zielgerichtet bekämpft.

Der akutelle Klimawandel ist vom Menschen verursacht, umfassend erforscht und durch unzählige Messungen nachgewiesen.

Erforderliche Maßnahmen und Instrumente zum Klimaschutz sind bekannt, doch fehlt es an entschlossenem Handeln angesichts dieser globalen Bedrohung.

Die Pest in Europa

Im 4. und 3. Jahrtausend vor Christi schrumpfte Europas Bevölkerung rapide. Es fehlen hinterlassene Spuren großer Siedlungen, kultivierte Landschaften wurden schier schlagartig verlassen, verwilderten. Wissenschaftler vermuten, dass ein Vorläufer des Pestbakteriums die Ursache war (Quelle: Pest in der Bronzezeit). Der Mensch war für die ersten Pesterreger zwar ein potentielles Opfer, aber erst der intensive Kontakt einzelner Gruppen zu anderen und die Domestizierung der Tiere führte zu seuchenhafter Ausbreitung.

Warenaustausch der Frühzeit

Wann genau Reitervölker den Pestvirus nach Europa trugen, ist nicht exakt bekannt. Geschätzt wird der Zeitraum um 5000 v.Chr. Bevor Steppenbewohner nach Westen strömten, gab es bereits intensiven Warenaustausch zwischen West und Ost. Die steinzeitliche Pest „half“ den Eroberern die geschwächte und dezimierte heimischen Bevölkerung zu besiegen. Vergleichbar ist die Situation  mit der Eroberung der Neuen Welt im 16. Jahrhundert. Die Eroberer brachten unbekannte Krankheiten aus Europa mit, was zum Massensterben der indigenen Völker führte – die Erkrankungen verbreiteten sich unter ihnen seuchenartig.

CC BY 4.0, V.V Kondrashin, V.A. Tsybin, M.A. Spyrou

Das Foto zeigt zwei Opfer der Beulenpest gestorben vor 3800 Jahren im Bronzezeitalter – Fundort im Süden Russlands.

Der Niedergang der Maya durch Klimaveränderungen

Maya Anlage Teotihuac

Fotoquelle: Wikipedia Teotihuac

Rund fünf Jahrhunderte dauerte die Blütezeit der Maya in den Regenwäldern Zentralamerikas. Wissenschaftler analysierten kürzlich das Wachstum von Tropfsteinen in Belize. Aus der Analyse konnten detailliert Niederschlagsmengen der letzten 2000 Jahre erhoben werden. Die Hochkultur der Maya fiel neben anderen Einflüssen einer langanhaltenden Dürreperiode um 1100 nach Christi zum Opfer. Die Forscher vermuten eine Verschiebung des innertropischen Regengürtels in Äquatornähe im Zusammenspiel mit ungewöhnlichen Strömungsänderungen im Pazifik als Ursache. Bei den Mayas folgten auf die Klimaveränderungen Unruhen, Konflikte und Hungersnöte und eine Bevölkerungsreduktion (Spiegel Wissenschaft, 2018).

Das Ende von Byzanz

Um 500 v. Chr. war die Justinianische Pest und eine Klimaveränderung eine der Ursachen des plötzlichen Niedergangs der byzantinischen Hochkultur. Nach einem Vulkanausbruch um 536 v. Chr. kühlte es ab und Ernten fielen aus. Mitte des 6. Jahrhunderts suchte die Justinianische Pest das byzantinische Reich heim. Belege dafür finden sich durch die Analyse jüngster Ausgrabungen in der Negev-Wüste in Israel.

Seuchen und Klimawandel heute

Im Gegensatz zu den in der längst vergangenen Menschheitsgeschichte aufgetretenen lokal begrenzten Seuchen meldete die Weltgesundheitsorganisation WHO im Januar 2020 den Ausbruch einer gefährlichen Virusepidemie (mit 19 betroffenen Ländern), die am 11. März 2020 als Pandemie deklariert wurde, da weltweit weitere Staaten – Italien, Iran, Südkorea und Japan – stark steigende Fallzahlen meldeten.

COVID-19 Pandemie

Kristallstruktur der covid-19 protease

Quelle der Abbildung: Innophore

Die Erkrankung COVID-19 (Coronavirus disease) wurde bald als Virusinfektion SARS-CoV-2 (Severe acute respiratory syndrome coronavirus 2) identifiziert die vermutlich auf natürlichem Weg vom Tier auf den Menschen übertragen wurde.

Die Regierungen handelten schnell und entschlossen und es gelang vielen Ländern die Anzahl der Neuinfektionen deutlich zu reduzieren.

taegliche neuinfektionen: Welt, Deutschland und österreich

Das Diagramm zeigt (Stand 31.August 2020) die täglichen Neuinfektionen der Welt, in Deutschland und Österreich. China verzeichnete die ersten Fälle in Wuhan, Hubei und meldete diese an die WHO. Seither arbeiten Wissenschaftler, Firmen und Labore erstmals weltweit auf der Suche nach einem Impfstoff, der Untersuchung und Analyse des Virus und medizinischen Behandlungsmethoden eng zusammen und tauschen Erkenntnisse ungeachtet der Staatszugehörigkeit aus.

Seuchen, Epidemien, Pandemien und heutige Lebensweise

Bevölkerungswachstum, dichte Wohn- und Arbeitsverhältnisse der Menschen in Städten und an Arbeitsplätzen, oftmals prekär und ungeschützt, sowie die Globalisierung der Mobilität und des Handels sind Ursachen für eine extrem schnelle und weltumspannende Ausbreitung des SARS-CoV-2. Die Einschränkung des Lebensraums der Wildtiere bringt diese zunehmend unter Stress, was einen Virusbefall begünstigt und fördert engen Kontakt mit Menschen, was die Gefahr des Überspringens von Erregern vom Tier zum Menschen begünstigt.

Der Klimawandel heute

Der Klimawandel heute und seine bedrohlichen Auswirkungen ist Thema der Wissenschaftler seit nunmehr 40 Jahren.

Die bereits in den 1970ern vorhergesagten Szenarien sind 2020 eingetroffen.

Im Gegensatz zu unseren Ahnen kennen wir die Ursachen der Seuchen und Klimaveränderungen. Ja, wir erkennen diese nicht nur, sondern wissen sogar was wir dagegen unternehmen können, ja müssen. Ein weiterer Unterschied zur Vergangenheit ist, der vom Menschen verursachte Klimawandel wirkt weltweit. Alle Menschen, alle Erdteile sind betroffen. CO2 aus China, den USA oder der EU tragen keine Landesfarben – sie verteilen sich gleichmäßig in der Atmosphäre. Methan aus nicht verschlossenen Fracking-Bohrlöchern in Amerika heizt die Erde genauso auf, wie CO2 aus deutschen und chinesischen Kohlekraftwerken. Klimaschutzmaßnahmen sind bekannt, es fehlt der Wille diese in notwendigen Umfang und Geschwindigkeit umzusetzen.

Tropischer wirbelsturm – beobachtet aus der raumstation

Bildquelle: © NASA Wirbelstürme werden immer stärker

Die Menschheit und ihre Regierungen können Bedrohungen wirksam entgegentreten

Die SARS-CoV-2 Pandemie zeigt, dass handelnde Regierungen Fabriken schließen, Autos still setzen, Geschäfte und Gasthäuser schließen, Flugzeuge nicht starten lassen und Menschen anweisen zu Hause zu bleiben. Die Bürger folgen angesichts der Bedrohungen den Anordnungen, anerkennen deren Notwendigkeit. Die internationalen Maßnahmen zur Reduktion des Ozonlochs oder der Luftverschmutzung sind weitere Beispiele für erfolgreiches entschlossenes internationales Handeln. Seuchen und Klimaveränderungen weisen beide bedrohliches Potential auf.

Ich beschäftige mich nicht mit dem, was getan worden ist. Mich interessiert, was getan werden muss.

Marie curie

Warum gelingt es nicht die weltweite und tödliche Bedrohung durch den Klimawandel genauso entschlossen zu bekämpfen?

Alle wissen es: Umfassende Maßnahmen sind notwendig – es gilt die Gesellschaft zu transformieren – weg von einer die Natur vergewaltigenden und ressourcenverbrauchenden kapitalistischen Konsum-Wegwerfgesellschaft hin zu einer nachhaltigen ressourcenschonenden und naturschützenden Gemeinschaft. Das ist keine leichte Aufgabe. Mit Blick auf die – immer wieder irgendwo –  nächsten Wahlen scheuen Politiker, unpopuläre Maßnahmen umzusetzen, obwohl bei Befragungen die Mehrheit der Bürger aller Länder ihrer Besorgnis über den Klimawandel Ausdruck verleihen (Pew Research Center, 2020).

Die Zeit verstreicht nutzlos, Seuchen und Klimaveränderungen werden zunehmen den Erdball mit steigender Wucht heimsuchen.

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