Warum Sibirien brennt während Lappland ertrinkt

Das Bild zeigt eine Satellitenaufnahme Sibiriens mit zahlreichen Rauchfahnen die Bränden entstammen

Brände in Sibirien

Wie kann es sein, dass Sibirien brennt während Lappland ertrinkt?

Die Witterungsverhältnisse auf der Nordhalbkugel änderten sich deutlich in den letzten 50 Jahren. Extreme Bedingungen treten häufiger auf – Dürren, Überschwemmungen, Hitzewellen und Kälteeinbrüche. Diese Veränderung bewirkt der Rückgang des Meereises und die schnelle Erwärmung der Arktis (Höre selbst : BR).

Warum ist das Hochdruckgebiet über Sibirien so stabil?

Die globale Erderwärmung verringert den Temperaturunterschied zwischen Arktis und mittleren Breiten. Dies beeinflusst den polaren Jetstream, der im Norden rund um den Erdball kreist und ein starker Höhenstrom ist. Dieser neigt durch den Klimawandel zur Instabilität, was sich durch wellenförmiges Ausschlagen des Höhenstroms zeigt. Diese Ausschläge (Amplituden) werden als Rossby-Wellen bezeichnet.

Was ist der polare Jetstream?

Planetare Windströmungen – Hadley-, Ferrel- und polare Zelle

Das Bild zeigt die planetaren Windströmungen und die Hochs und Tiefs, die durch die unterschiedliche Sonneneinstrahlung auf der Erde auftreten. Im Bereich des Äquators ist die einfallende Sonnenenergie sehr hoch, dort steigt die erwärmte Luft auf und bildet ein Tief. Die aufsteigende Luft bewegt sich während des Aufsteigens in Folge der Corioliskraft zu den Polen und kühlt dabei ab. Um den 30-igsten Breitenkreis sinkt sie zu Boden. Diese zirkulierende Bewegung wird Hadley-Zelle genannt. An sie schließt die Ferrel-Zelle an und an diese wiederum die Polarzelle. Die Hadleyzelle dehnt sich mit einem Breitengrad pro Jahrzehnt nach Norden aus. Dies beeinflusst die polare Zelle und damit den polaren Jetstream.

Was sind Rossbywellen?

Polarer Jetstream mit Rossbywelle

Der wellenartig um den Nordpol von West nach Ost mäandernde Höhenstrom wird als Rossby-Welle bezeichnet (siehe Abbildung). Die Ausschläge dieses Strahlstroms bringen kalte Luft nach Süden und warme Luft nach Norden. Solange sich die Rossby-Welle um den Erdball bewegt verändert sich mit der Bewegung auch das Wetter der darunterliegenden Gebiete. Der Klimawandel verlangsamt die Wanderbewegung der Rossbywellen, wodurch sich über den betroffenen Gebieten langanhaltende Hoch- oder Tiefdruckwetterlagen ausbilden. Dies führt zu Dürren begleitet von Waldbränden oder im Fall von Schlechtwetterlagen zu Überschwemmungen.

Die Lage der Rossby-Wellen entscheidet über das Entstehen von Extremwetterlagen auf der Nordhalbkugel. Das beständige Hochdruckgebiet ist der Grund dafür warum Sibirien brennt und Lappland unter dem Schmelzwasser ertrinkt.

Die Polarregionen erwärmen sich stärker

Die Polarregionen erwärmen sich infolge des globalen Klimawandels stärker als die mittleren und äquatornahen Breiten, dieser Effekt wird als polare Verstärkung bezeichnet. Dieser Effekt ist selbst in der langen zurückliegenden Erdgeschichte aufgetreten. Ein Grad globale Temperaturerhöhung der Erde führt zu zwei Grad Temperaturanstieg in der Arktis.

Sibirien brennt

Fällt der Name Sibirien dann denke ich an die sprichwörtrliche sibirische Kälte und an die Straflager Stalins und Chruschtschows und den Roman Archipel Gulag des Schirftstellers Alexander Issajewitsch Solschenizyn.

Diesen Sommer sucht eine Hitzewelle Sibirien mit Temperaturen von bis zu 38°C heim. Schon von Januar bis Mai 2020 lag die Temperatur um 4 bis 5°C über dem langjährigen Durchschnitt. In den vergangenen Wochen wurden 6.000 Waldbrände registriert (Aktuelle Feuer sieh bitte selbst auf: Global Forest Watch). Brände treten infolge des Klimawandels weltweit auf (Lies nach bei klimacrash: Flächenbrände)

Die Permafrostböden tauen auf

Temperaturanomalie in Sibirien

Das Bild (©NASA) zeigt die erhöhten Temperaturen in Sibirien im Juli 2020 verglichen mit dem Mittelwert des Zeitraums 2003-2018. Im Bild schaut der Leser von oben auf den Nordpol. Dunkelrot entspricht einer Temperaturerhöhung von 8°C und mehr.

Die Hitzewelle taut die Permafrostböden auf. Dies führt zu vielfältigen Umweltproblemen. Straßen werden zu Schlammpisten – der Untergrund der üblicherweise gefroren ist wird weich, Fundamente versinken, Erdölleitungen und Öltanks werden undicht und dies in einem Gebiet welches auf Umweltverschmutzung außerordentlich empfindlich reagiert. Ein von Klimawissenschaftlern befürchteter Kipppunkt des Erdklimas ist das Auftauen der Permafrostgebiete der Welt. Diese speichern unter Luftabschluss gigantische Mengen an Kohlenstoff. Tauen sie auf und trocknen sie aus dann wird der Kohlenstoff der sonst eingefrorenen Organismen durch zersetzende Mikroorganismen frei. Neben großen Mengen CO2 werden dann auch große Mengen des klimawirksamen Methans frei. Weltweit speichern die Moore und Permafrostböden 550 GtC (Gigatonnen Kohlenstoff – 1 Gigatonne entspricht 1.000.000.000.000 Kilogramm Kohlenstoff). Die Menschheit bläst derzeit etwa 10 GtC pro Jahr in die Atmosphäre.

Lappland ertrinkt

Überschwemmungen in Lappland, Finnland in der Nähe der Stadt Ivalo

(©NASA Earth Observatory, Joshua Stevens)

Lappland liegt innerhalb des Polarkreises. Die Wintersaison 2020 brachte den schneereichsten Winter seit 60 Jahren. Der Schnee kam im Oktober, es war anhaltend kalt, der Schnee schmolz über Monate nicht. Die Städte verzeichneten dreimal mehr Schnee als üblich.

Ende Mai begann wie in Sibirien eine ungewöhnlich heiße Zeit. Die Schneeberge schmolzen rasch und führten zu Überschwemmungen wie dies im Bild der NASA zu sehen ist. Mehrere Flüsse traten über die Ufer, Brücken mussten geschlossen werden. Das Foto zeigt die Gegend um Ivalo in Finnland. Während ein Teil des Landes gefroren bleibt wird der andere Teil durch das Schmelzwasser schlammig (Euronews).

Resümee

Die Arktis und der hohe Norden sind besonders empfindlich gegenüber Umweltschäden. Die geringe Sonneinstrahlung führt zu langsameren Stoffwechselprozessen der Tier- und Pflanzenwelt, weshalb die Natur Schadstoffe verzögert abbaut. Das Leben ist spezifisch an die harten Bedingungen angepasst. Schnellen Änderungen der Umweltbedingungen – durch Schadstoffe oder Klimaänderung – folgen diese Organismen nicht und sterben aus, wodurch die ökologischen Nischen und Biotope zerstört werden.

Ein Grad Temperaturanstieg global bewirkt zwei Grad in der Arktis. Klima und Leben sind miteinander verwoben und bilden ein sensibles Gleichgewicht.

Die Körpertemperatur des Menschen liegt im Durchschnitt bei 36,6 °C. Innerhalb eines Tages schwankt sie um ± 0,5°C. Das Klimaziel von 1,5°C für den maximalen globalen Temperaturanstieg würde beim Menschen Fieber bedeuten. Das Pariser Klimaziel von 2°C bedeutet bereits hohes Fieber.

Die Erde ist kein Mensch – sie denkt nicht, sie fühlt nicht, sie wird nicht krank – aber eine globale Erhöhung der Erdtemperatur mit regionalen Spitzenwerten verursacht chaotische Zustände, wie zum Beispiel Hitzewellen in Sibirien und Lappland.

Die Handlungen des Menschen sind die besten

Interpreten ihrer Gedanken

James Joyce
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