Was ist eine Grüne Anleihe?
Wie wird aus einer normalen Anleihe eine grüne Anleihe (Green Bond)? Die Finanzmärkte entdeckten für sich das Zauberwort Nachhaltigkeit. Anleger werden ermutigt in grüne Anleihen zu investieren, um so einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten. Grüne Anleihen finanzieren „grüne“ Projekte. Green Bonds unterscheiden sich von gewöhnlichen Anleihen durch eine garantierte umweltfreundliche Verwendung der Mittel. Mittel die sowohl in neue als auch bestehende Projekte investiert werden – das klingt ermutigend.
Sind die Green Bonds wirklich “grün”?
Nein. Nicht unbedingt.
Jede Anleihe kann mit der Bezeichnung „grün“ versehen werden, da es keine verbindlichen Vorschriften gibt. Die Internationale Kapitalmarkt-Vereinigung (International Capital Market Association ICMA) gab Leitlinien – einzuhalten auf freiwilliger Basis – zur Emission von grünen Anleihen heraus, die den Emittenten als Orientierungshilfe und den Anlegern als Informationsquelle dienen.
Die Crux liegt in der Freiwilligkeit. Empfehlungen, ungeachtet der Organisation, die auf Freiwilligkeit beruhen, sind zahnlos.
Sie verführen zum Greenwashing, wie dies viele Firmen und deren Lieferketten vorführen. Zahlreiche „Runde Tische“, wie für nachhaltige Soja-, Palmöl-, Rindfleisch-, Textil- oder Baumwollproduktion, veröffentlichen wohltönende Nachhaltigkeitsphrasen auf freiwilliger Grundlage. Eine reale Wirksamkeit ist nur vereinzelt zu beobachten.
Solange der Gesetzgeber keine verbindlichen Vorgaben erstellt und deren Einhaltung überprüft, werden sich immer wieder Firmen und Finanzdienstleister unlauterer Greenwashing-Methoden bedienen. Grüne Anleihen sind dann eben nicht grün, sondern intransparent grau. Der Ausdruck „Fifty Shades of Green“ beschreibt die Herausforderung für Anleger sich unter der unübersehbaren Vielfalt von Angeboten entscheiden zu müssen.
Die politischen Entscheidungsträger vieler Länder verpflichteten sich zur Erreichung der Pariser Klimaziele – bislang ohne großer Fortschritt.
Eines der drei Hauptziele der Vereinbarungen war es, Finanzströme auf einen Weg der niedrigen Treibhausgasemissionen und einer klimaverträglichen Entwicklung zu bringen.
Diese Absichten wurden bislang nicht verwirklicht – sowohl der notwendige Umfang der Finanzierung, als auch die beabsichtigte Nachhaltigkeit wurde nicht erreicht.
Verringerten Grüne Anleihen die Kohlenstoffeffizienz der Unternehmen?
Der Markt für Grüne Anleihen ist stark gewachsen. 2019 betrug das Emissionsvolumen weltweit 250 Milliarden US$ – das entspricht nur 3,5% des gesamten globalen Anleihevolumens.
Eine Studie wies nach, dass Grüne Anleihen für Firmen nicht mit einer geringeren oder abnehmenden Kohlenstoffeffizienz verbunden sind. Die Kohlenstoffeffizienz ist das Verhältnis der Kohlenstoffemissionen zu den Einnahmen. Hohe Einnahmen bei niedrigen Kohlenstoffemissionen weisen auf gelungene Nachhaltigkeitsbemühungen hin und umgekehrt.
Grüne Anleihen sollten mit einer nachweisbaren CO2-Effizienz der geförderten Unternehmen und Projekte verbunden werden. Diese Maßnahme würde es Anlegern gestatten, in wirksame kluge Umweltprojekte und in um den Umweltschutz bemühte Unternehmen zu investieren.
Die Unternehmen selbst wären dadurch motiviert, umweltfreundlichere Produktionsmethoden anzuwenden und auf erneuerbare Energie umzusteigen.
Unternehmen entdecken die Nachhaltigkeit – wenn sie Kosten spart!
Unternehmen durchforsten ständig ihre Produkte und deren Produktion, um Kosten zu sparen. Nicht immer ist Kostenreduktion gleichbedeutend mit nachhaltigem Produzieren. Während sich Firmen beispielsweise Investitionen in erneuerbare Energie finanzieren lassen, werfen sie möglicherweise Produktionsabfall weg, weil dies kostengünstiger ist als ihn zu sammeln, zu sortieren und einer Wiederverwertung zuzuführen.
Nachhaltigkeit bedeutet in der freien Marktwirtschaft Gewinnmaximierung ungeachtet der Ausbeutung von Mensch und Natur. Green Bonds sind viel zu oft bloß ein weiterer Weg der Unternehmen Mittel zu lukrieren.
Wissen ist Macht,
Macht aber vermag schließlich sich selbst zu zerstören.
Carl Friedrich von Weizsäcker
Der Europäische Green Deal und BLACKROCK
Nach dem europäischen Green Deal ist Europa 2050 klimaneutral. Das hört sich super an.
Mit dem üblichen Mediengetöse wurde der Green Deal durch die Präsidentin Ursula von der Leyen vorgestellt. Das Europäische Parlament unterstützte das Abkommen, forderte aber gleichzeitig größere Ambitionen ein. Die Europäische Kommission ernannte BlackRock zum Berater und machte damit den Teufel zum Gärtner.
BlackRock gilt als das weltweit größte Investment-Management-Unternehmen der Welt. Es verwaltet mehr als 7.400 Milliarden US$. BlackRock blickt auf eine lange Tradition der Lobbyarbeit gegen klimaprogressive Gesetze zurück. Damit drängt sich der Gedanke auf, der europäische Green Deal ist nichts anderes als eine groß angelegte Greenwashing Aktion.
Ausgerechnet der Investment-Hai, der in großem Maßstab in Firmen investiert die fossile Brennstoffe fördern und vertreiben, die an der Zerstörung des Regenwaldes mitschuldig sind, Palmölproduzenten mit Plantagen in Regenwaldgebieten, Pipelinebauer, Kohlekraftwerkbauer soll den Weg in eine nachhaltige Zukunft bereiten. Dieser Umstand ist kein Zufall – er ist Ausdruck der Macht des Kapitals.
Finanzkapitalismus, Grüne Anleihen und Klimaschutz – geht das zusammen?
Wir leben in einem Gesellschaftssystem das beginnend in den frühen 80er Jahren (Thatcherismus, Reaganomics) eine Werteänderung vorgenommen und akzeptiert hat. Freier Handel, freie Entfaltung der Firmen und Finanzmärkte sind wichtiger als soziale Absicherung der Bürger. Äußerlich bemerkbar wurde dieser Wandel durch Steuersenkungen für Unternehmer, Privatisierungen, Globalisierung und die allumfassende beständige Frage nach den Kosten.
Es zog das „Kostenbewusstsein“ in alle Gesellschaftsbereiche – Gesundheit, ökonomische (Mindest)absicherung, Instandhaltung von Bahn- und Straßen, Wohnbau, Verkehrsplanung, Bildung oder Landschaftspflege – ein .
Bei Vorhaben im Interesse der Gemeinschaft steht seither nicht mehr die Gerechtigkeit für Alle im Vordergrund, sondern die Kosten.
Grüne Anleihen werden im Sinne des Umweltschutzes daher nur wirksam werden, wenn sie entsprechend hohe Erträge abwerfen.
Viele der Maßnahmen die erfreulicherweise große Firmen derzeit durchführen, wie die Mitglieder der GAFAM (Google, Apple, Facebook, Amazon und Microsoft), sind vorrangig der billigeren erneuerbaren Energie geschuldet.
Auch Erdölproduzenten wie die OMV, BP, Shell, Exxon Mobil und andere erkennen diesen Trend. Sie bereiten sich auf das Verlassen des sinkenden Schiffes der Fossilindustrie vor, aber nicht aus Sorge um die Zukunft der Erde, sondern weil sie um ihre künftigen Gewinne fürchten.
Das Kostenbewusstsein hat unser Denken durchdrungen, wir stellen es nicht mehr in Frage. Die Wertvorstellungen unserer Gesellschaft, der Glaube an die Macht des freien Marktes sind so tief in uns verwurzelt, dass wir keine Alternativen mehr erkennen.
Aber die Wahrheit ist: Es gibt immer mehr als nur eine Lösung.
Es liegt an uns, unsere gesellschaftlichen Vereinbarungen zur Diskussion zu stellen und sie abzuändern.
Die auseinandergehende Schere der ungleichen Vermögensverteilung zwischen Arm und Reich, der Rückgang öffentlicher Mittel zum Vorteil des Privateigentums, das als notwendig hingestellte Wirtschaftswachstum, der verheerende Zustand und die lebensbedrohliche Entwicklung der Erde, das sechste im Gang befindliche Artensterben sind Hinweise für eine notwendige Kurskorrektur.
COVID-19 Pandemie und der Freie Markt
Die aktuelle Covid-19 Pandemie zeigt die Schwächen des freien Marktes und unserer Gesellschaftsform.
Angesichts von Massenentlassungen, zunehmender Arbeitslosigkeit und Armut erscheint Gewinnmaximierung und Expansionsstreben unmoralisch, unethisch und verwerflich.
An Stelle des freien Marktes und seiner Heils- und Wohlstandsversprechungen müssen die Staaten selbst eingreifen – wobei die Arbeitnehmer ihre Kurzarbeit faktisch selber finanzieren. Was für ein Zynismus.